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Haus Rhade

 

Der alte Rhaderhof – ein Meierhof

Karl der Große (* 02.04.747, † 28.01.814) ließ zur Sicherung an den Grenzen der von ihm unterworfenen Gebiete an besonders strategisch wichtigen Punkten einen „Meierhof“ (auch „Meyerhof“, von lateinisch maiores villae”) anlegen. Zur Verwaltung dieser „Meierhöfe“ wurde ein „Meier“ (= Verwalter) eingesetzt, dem eine Gruppe von gut ausgebildeten und entsprechend ausgerüsteten Soldaten unterstand. Die „Meier“ hatten den Auftrag die Grenze zu sichern, den Hof Ertrag bringend zu verwalten und nebenbei auch die Menschen der Umgebung zum christlichen Glauben zu bringen. Später wohnten in den Meierhöfen die Verwalter adliger oder geistlicher Gutshöfe und noch später wurden auch verpachtete Gutshöfe so genannt.

Ein solcher „Meierhof“ war auch der ursprüngliche „Rhaderhof“ in Halver-Oberbrügge, der wahrscheinlich auf dem „Lindenhügel“ seinen Sitz hatte. Dies lassen zumindest Bodenfunde in der Umgebung und geschichtliche Untersuchungen vermuten. An den „Rhaderhof“ erinnert heute „Haus Rhade“, das jetzt in der Nähe der Volme am Ortsausgang an der B54 zwischen Halver-Oberbrügge und Kierspe-Bollwerk, auf heute Kiersper Gebiet, gelegen ist. Das Gelände für den „Meierhof“ wurde durch Rodung des dichten Waldes gewonnen. Dadurch werden die in den alten Urkunden unterschiedlichen Bezeichnungen für „Haus Rhade“ bzw. den „Rhaderhof“ verständlich: „Rhode“, „Rode“, „Royde“ und „Rade op de Volme“. Wegen der günstigen Lage konnte von diesem „Meierhof“ in Halver-Oberbrügge aus nicht nur der Zugang ins obere Volmetal, sondern auch die damals wichtige alte Heer- und Handelsstraße von Halver nach Lüdenscheid kontrolliert werden.

 

Die Ursprünge des Rhaderhofes

In der Gegend hat man auch 29 archäologisch interessante Artefakte aus der Mittelsteinzeit gefunden, die die Fundstelle als eine Art Rastplatz wahrscheinlich machen. Das könnte bereits auf eine Besiedelung der Gegend in der Mittelsteinzeit hindeuten.

Der ursprüngliche „Rhaderhof“ hat auf dem heute nicht mehr sicher lokalisierbaren „Lindenhügel“ gestanden. Das heutige, als Wasserschloss bezeichnete „Haus Rhade“, liegt unten im Volmetal und ist von einer Hügel-Landschaft umgeben. Zu vermuten ist, dass der ursprüngliche „Rhaderhof“ höher gelegen hat, eben auf dem „Lindenhügel“. Dem Namen nach ist dies vermutlich ein mit Lindenbäumen bewachsener Hügel gewesen, der vielleicht weiter zu Halver gelegen war. Dies könnte dann auch erklären, warum als Ortsbezeichnung für den „alten Rhaderhof“ Halver-Oberbrügge genannt wird, während „Haus Rhade“ heute bereits auf Kiersper Gebiet steht.

Foto links: Privat-Zufahrt über die Brücke in den Innenhof vom Wasserschloss „Haus Rhade". Foto: Axel Ertelt, 28.08.2013.

Die erste gesicherte Erwähnung des „Rhaderhofes“ geht ins Jahr 991 zurück. In diesem Jahr hat Erzbischof Heribert von Köln, der Kanzler von Kaiser Otto III., das bis dato freie Eigentum des Edelherren Benno erworben. Hierbei ist es allerdings nicht ganz klar, ob es sich tatsächlich noch um den „alten Rhaderhof“ gehandelt hat oder, was wahrscheinlicher ist, bereits um das „neue Haus Rhade“. (Luftaufnahme von „Haus Rhade“ bei Google.)

Erzbischof Heribert von Köln vermachte den Besitz der Benediktinerabtei Deutz als Ausstattungsgut bei deren Gründung im Jahre 1003. Dem entsprechenden urkundlichen Dokument zufolge müsste es sich spätestens jetzt um das „Haus Rhade“ an heutiger Position gehandelt haben, was dann natürlich dafür spräche, dass es beim Kauf 991 bereits um „Haus Rhade“ ging. Ebenso geht daraus hervor, dass die ‚curtis Rothe’ bereits damals Mittelpunkt eines herrschaftlichen Güterverbandes war, der später über Grundbesitz in den Kirchspielen Lüdenscheid, Halver, Herscheid, insbesondere aber Kierspe verfügte.“

Die Kiersper betrachten heute das Haus Rhade als „Keimzelle" bzw. auch als „Ursprung der Stadt Kierspe". Und es heißt, dass Kierspe im Jahre 1003 erstmals erwähnt wurde. Im gleichen Jahr vermachte Erzbischof Heribert von Köln das Haus Rhade bekanntlich der gerade gegründeten Benediktinerabtei Deutz. Dies ist urkundlich benannt. Deshalb ist zu vermuten, dass die erste Erwähnung nicht den Namen Kierspe betraf, sondern auf Haus Rhade bezogen war.

 

Haus Rhade und seine Besitzer
  
Von / Bis Besitzer
   
??? -   991
Edelherr Benno
991 - 1003
Erzbischof Heribert von Köln
1003 - ????
Benediktinerabtei Deutz
 
 
???? - um 1400
Die Grafen von der Mark / Graf Adolf II. von Kleve-Mark
um 1400 - ????
Hermann Overlacker
 
 
1515 - ????
Bernd von Neuhoff
 
 
???? - 1534
Benediktinerabtei Deutz
 
 
???? - 1617
Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg
1617 - 1725
Familie von Heiden
1725 - 1910
Familie von Holtzbrinck
1910 - 1916
Kaufmann Niehoff zu Dülmen
1916 - heute
Familie Schwietzke

In den Zeiträumen der Leerzeilen ist nicht ganz klar wie lange und in wessen Besitz „Haus Rhade“ war. Es soll zwischendurch (u. a.?) auch im Besitz der Familien von Hatzfeld, von Heyden zu Schönrad und Bruch gewesen sein.

 

Die St. Georg Kapelle

Die St. Georg Kirchengemeinde in Halver-Oberbrügge rühmte sich früher auf ihrer (heute nicht mehr existierenden) Internetseite das erste christliche Gotteshaus Halvers gehabt zu haben. Jedenfalls wird in einer Bestätigungsurkunde für die Benediktinerabtei Deutz, datierend vom 17. Juni 1147, von Papst Eugen III. die St. Georg Kapelle“ des „Rhaderhof“ im Bereich von Halver-Oberbrügge erstmals urkundlich erwähnt. Sie war dem Heiligen Georg, dem Patron der Ritterschaft, geweiht und weitere Hinweise auf diese Kapelle lassen die Vermutung zu, dass sie bereits um das Jahr 1003 existiert haben könnte. Um das Jahr 1575 wurde die Kapelle für die kath. Christen unbedeutend, nachdem sich die Reformation Martin Luthers verbreitet hatte, und das „Ewige Licht“ erlosch. Später wurde sie von den ev. Christen genutzt.

So ganz korrekt scheinen die Angaben aber nicht, da es korrekt eigentlich „Haus Rhade“ war, was ja auf Kiersper Gebiet liegt. Allerdings grenzt hier Halver-Oberbrügge unmittelbar an und in Oberbrügge gibt es auch den Haus-Rhade-Weg, der als Straße zwar in die richtige Richtung führt, jedoch nicht durchgehend ist.

 

Haus Rhade wird renoviert

Foto rechts: Der Innenhof von „Haus Rhade". Foto: Frank Vincentz via Wikipedia, GNU-Lizenz und CC-Lizenz.

Die Familie von Heiden, die „Haus Rhade“ von 1617 bis 1725 besaß, soll sich dort nur sehr selten aufgehalten haben. Aus diesem Grund verfiel das Haus in dieser Zeit deutlich. 1551 wurde bereits ein neues Wohnhaus für Bernd von Neuhoff gebaut und 1667 fanden Renovierungsarbeiten statt.

Erst 1920 wurde das Herrenhaus von den neuen und jetzigen Besitzern renoviert und teilweise erweitert. Der rechteckige Eckturm ist der älteste heute noch erhaltene Teil der Anlage. Er wurde bei der Renovierung um ein Stockwerk aufgestockt und bekam damals auch seine markante geschweifte Haube mit Laterne, die bis heute noch zu sehen ist.

Zum Wasserschloss gehören weitere Neben- und Wirtschaftsgebäude sowie eine Steinbrücke, drei Fischteiche und ein Park. Da „Haus Rhade“ in Privatbesitz ist, kann es nicht besichtigt und nur von außen angeschaut werden. Allerdings kann „Haus Rhade“ über den Partyservice Cordt in Halver-Oberbrügge für Feiern (Hochzeiten, Betriebsfeiern…) gebucht werden.

 

Rhadermühle

Foto links: Die „Rhader Mühle“. Foto: Frank Vincentz via Wikipedia, GNU-Lizenz und CC-Lizenz.

Rhadermühle ist eine Ortsbezeichnung von Kierspe und liegt an der B54 (bekannt auch als Volme- oder Volmetalstraße) im Grenzbereich zu Halver-Oberbrügge. Hier gab es ursprünglich eine Postanstalt, die Halver zugerechnet wird. Ebenso gibt es hier auch die alte „Rhader Mühle“, eine Wassermühle, die früher das „Haus Rhade“ mit Mehl versorgte. Zu den Glanzzeiten der Mühle gab es hier drei Mahlgänge, von denen heute allerdings nur noch einer erhalten ist. Auch die Welle und das Getriebe zum Wasserrad sind noch vorhanden und vom Heimatverein Kierspe instand gesetzt worden. Zu einem richtigen Mühlbetrieb fehlen allerdings noch der Wassergraben und das Wasserrad.

Im „Backhaus Rhademühle“ ist der alte, renovierte und voll funktionsfähige Steinbackofen. Dort finden auch Backtage nach alter Tradition statt, die sehr beliebt sind und immer ein großes Publikum anlocken.  Zudem können hier kleinere Gruppen gegen Erstattung eines kleinen Unkostenbeitrags unter der fachlichen Leitung des Teams selbst Brot backen. Schulklassen sind dazu ebenfalls herzlich eingeladen. Das Mehl dazu stammt aus der Heesfelder Mühle und die weiteren Zutaten werden von Hand gemischt. Es wird also nicht mit fertigen Backmischungen gearbeitet.

Unter der Leitung von Karin Derksen wurde beispielsweise, parallel zu den offenen Tagen im „Schleiper Hammer“, das Brot gebacken, das dann zu Gunsten des Heimatverein Kierspe verkauft wurde. Nach 18 Jahren, von 1998 bis 2016, hat Karin Derksen ihr Ehrenamt in der Rhadermühle aufgegeben. In dieser Zeit wurden in insgesamt 2.513,5 Stunden 10.225 Brote gebacken, was dem Heimatverein 10.077,43 Euro Erlös einbrachte. Nachfolgerin von Karin Derksen wurde im Frühjahr 2016 Annette Zacharias, die bereits seit 2003 im Team ist. Sie wird gemeinsam mit Heike Lenz aus Wiehl und Stefan Thimm die Traditionen in der Rhadermühle fortsetzen.

 

Eisenerzeugung und Bergbau bei Haus Rhade

„Haus Rhade“ wurde weit über die Grenzen des heimischen Raumes bekannt, als der Nachweis einer engen Verbindung des Adelsgutes und der Eisenerzeugung erbracht wurde. So gelang der archäologische Nachweis, dass in der Nähe des Herrenhauses, am Kierspe-Bach, eine wasserbetriebene Eisenhütte war, die in der Zeit von 1250 bis 1450 in Betrieb war. Sie kann als Vorläufer des modernen Hochofens angesehen werden. Das Bergbaugebiet, aus dem das Eisenerz stammte, war in unmittelbarer Umgebung. Leider ist heute von alledem nichts mehr zu sehen. Doch bei den Ausgrabungen kamen interessante Details zu Tage.

Ausgegraben wurde hier von Manfred Sönnecken im Jahre 1967 der europaweit erste Floßofen. Darunter versteht man einen Schmelzofen, bei dem das Eisen neben der Schlacke in flüssiger Form als Roheisen gewonnen wird. Vor den Floßöfen gab es nur die Rennöfen, bei denen das Roheisen nicht in flüssiger, sondern nur in teigiger Form gewonnen wurde und direkt schmiedbar war.

Der bei „Haus Rhade“ ausgegrabene Floßofen muss eine Höhe von mindestens drei bis vier Metern gehabt haben und war damit rund zehn bis zwölf Mal so hoch wie ein Rennofen. Vermauert war er mit Bruchsteinen. Der Kierspe-Bach (nicht zu verwechseln mit dem Kerspe-Bach, der später zur Kerspe-Talsperre aufgestaut wird), an dem er stand, diente zum Betrieb eines mechanischen Gebläses. Dies allein war in der Lage diesen großen Ofen mit dem benötigten Sauerstoff zu versorgen und ihn auf rund 1.500 Grad aufzuheizen. Da das so erzeugte Roheisen nicht schmiedbar war, musste es erst einem weiteren Schmelzgang ausgesetzt werden, wobei es mittels oxydierenden Feuers wieder verflüssigt wurde. Diesen Vorgang nennt man „Frischen“, wobei das Eisen weitgehend vom Kohlenstoff befreit wird.

Der Floßofen von „Haus Rhade“ entwickelte sich vermutlich aus dem Rennofen, nachdem man damals entdeckt hatte, dass sich das Erz der unmittelbaren Umgebung leichter verflüssigen ließ als anderes Erz. Dies lag, wie erst bei den Ausgrabungen von 1967 durch Dr. Ing. Bernhard Osann, dem Sohn des berühmten Clausthaler Professors für Eisenhüttenkunde und Gießereiwesen, nachgewiesen wurde an seinem reichlichen Gehalt von Mangan. Der Floßofen hatte gegenüber dem Rennofen den Vorteil, dass in ihm eine bedeutend größere Menge verarbeitet werden konnte. Zudem war in ihm auch der Einsatz von Erz möglich, das wegen seines geringen Eisenanteils in einem Rennofen nicht zu verarbeiten war. Dort musste der Eisenanteil bei mindestens 60 % liegen. Dies allein ermöglichte so eine ökonomische Gewinnung von Eisen und Stahl und leitete im späten Mittelalter einen Wachstumsschub ungeahnten Ausmaßes ein.

Der Floßofen von „Haus Rhade“ wurde so in ganz Europa ein Synonym für die moderne Eisentechnologie. Das Miteinander von archäologischer Grabung und chemischer Analyse hat dies ermöglicht. Weitere in der näheren Umgebung ausgegrabene Floßöfen zeigen, dass sich an den Flüssen Volme, Kerspe, Wipper und Agger bis ins 17. Jahrhundert eine Gewerbelandschaft entwickelt hatte, die man durchaus mit der späteren Entwicklung des Ruhrgebietes vergleichen kann.

 

Quellen- und Literaturhinweise

Anneser, Toni: siehe unter: Fischer, Ferdinand G. B. & Anneser, Toni
Becker, Johannes: „Auf 32 Kilometern in 1013 Jahre Geschichte eintauchen; Allgemeiner Anzeiger, 02.03.2016
Bonsels, Kurt: Personenblätter der Bonsels-Arena“; www.kurt-bonsels.de [28.08.2013]
Ertelt, Axel: „Halver religiös“; http://mein-halver.npage.de, 27.08.2013
Ertelt, Axel: „Halver geschichtlich“; http://mein-halver.npage.de, 27.08.2013
Fischer, Ferdinand G. B. & Anneser, Toni: „100 Burgen zwischen den 1000 Bergen. Das große Burgen- und Schlösserbuch für Südwestfalen“; Gronenberg, Wiehl 1996
Goldbach, Gertrud: „In 18 Jahren mehr als 10.000 Brote gebacken“; Allgemeiner Anzeiger, 11.04.2016
Hartmann, Karl: „Haus Rhade op de Volme sein Hofrecht und Hofgericht“; Vollmann, Kierspe 1938
Knau, Hans Ludwig: „Der Floßofen von Haus Rhade“; in: „Der Reidemeister“ (Geschichtsblätter für Lüdenscheid Stadt und Land), Nr. 182, Geschichts- und Heimatverein Lüdenscheid e.V., Lüdenscheid, 11. Mai 2010
Partyservice Cordt: Party-Full-Service”; www.cordt.de, [27.08.2013]
Quednau, Ursula (Bearb.): „Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Nordrhein-Westfalen); Bd. II, „Westfalen“, Deutscher Kunstverlag, Berlin & München 2011
Riederer, Chris: „LWL-Förderpreis für westfälische Landeskunde 2009 für Hans Ludwig Knau – Mitglied der Projektgruppe Heidenstraße – aus Kierspe“; in: „SAUERLAND“ Nr. 3, September 2009, Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes, www.sauerlaender-heimatbund.de
Schwietzke, J. Günther: „Wasserschloss Haus Rhade“; in: „Westfälische Kunststätten“, Heft 38, Münster 1985
Sönnecken, Manfred: „Funde aus der Mittel-Steinzeit im Märkischen Sauerland“; Zimmermann, Balve 1985
Stadt Kierspe: „Backhaus Rhadermühle“; www.kierspe.de, [28.08.2013]
Stadt Kierspe: „Haus Rhade“; www.kierspe.de, [24.08.2013]
Wanderatlas Verlag: „Haus Rhade“; www.ich-geh-wandern.de, Wanderatlas Verlag GmbH, Beselich [17.08.2013]
Wikipedia: „Haus Rhade“; de.wikipedia.org, 27.07.2013
Wikipedia: „Liste der Baudenkmäler in Kierspe“; de.wikipedia.org, 06.06.2013
Wikipedia: „Meierhof“; de.wikipedia.org, 31.03.2013
 

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 26.05.2016 21:23:26 Uhr.

 

 

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